Dienstag, 1. September 2009

Wie atmen Strandkrabben (Carcinus maenas)

Wie atmen Strandkrabben (Carcinus maenas), wenn sie sich nicht im Wasser befinden:

Neben den ständig im Wasser lebenden Krebstieren gibt es unter den Zehnfußkrebsen (Decapoda) auch Arten, die mehr oder weniger amphibisch leben. Das heißt, sie leben zumindest zeitweise an Land. Es gibt aber auch viele Arten, die sich an ein ständiges Landleben angepasst heben.
Die Strandkrabbe (Carcinus maenas) gräbt sich bei Ebbe oft tief in den Boden ein oder zieht sich unter Pflanzen oder in Höhlen zurück. Dort wartet sie die nächste Flut ab. Auch die Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis) kann auf ihren Wanderungen Landstrecken überwinden. Längere Landaufenthalte treten bei einigen Süßwasserkrabben der Tropen auf, z. B. in den feuchten Gebieten der Regenwälder des Kongobeckens oder in Südamerika. Hier können die Tiere unter Laubhaufen oder im Boden eingegraben weit weg vom Wasser überleben. Ähnliches ist von Indonesien bekannt, wo Krabben noch bis in Höhen von 1000 Metern vorkommen können. Insgesamt ist jedoch der Übergang vom Wasser- zum Landleben an den Küsten der Tropen stärker zu beobachten als im Binnenland, denn in der Gezeitenzone der Küsten sind Krabben sehr zahlreich. Beispielsweise findet man hier häufig Winker-, Reiter- oder Grenadierskrabben, die im Boden und Schlamm vergraben darauf warten, dass die Gezeitenzone trockenfällt. In anderen Regionen leben Krabben zwar an Land, müssen aber in der Nähe des Wassers tiefe Röhren graben, die bis zum Grundwasserspiegel reichen. Für alle amphibisch lebenden Dekapoda ist es also wichtig, sich vor Austrocknung zu schützen.
Manche Dekapoda sind aber reine Landbewohner und somit Luftatmer, zu ihnen gehören die Landeinsiedlerkrebse (Coenobitidae) und die Landkrabben (Gecarcinidae). Beide stammen von im Wasser lebenden Familien ab und müssen immer noch zum Wasser, um die Larven abzustreifen. Coenobitidae verbergen den Hinterleib in Schneckengehäusen, weil er keinen harten Chitinpanzer besitzt. Die einzige Ausnahme bildet der Palmendieb (Birgus latro), der einen hart verkalkten Panzer am Hinterleib entwickelt hat. Landkrabben graben oft tiefe Wohnröhren. Bei diesen Tieren hat sich ein seitlich breit ausladender Carapax entwickelt, der seitlich ein lungenähnliches Organ umschließt, welches sich aus den Kiemen entwickelt hat. Diese Landkrebse haben sich also von der Kiemen- zur Lungenatmung umgestellt.
Für die Decapoda ist die Gefahr der Austrocknung generell ein größeres Problem als die Umstellung der Atmung. Krabben haben keine Möglichkeit, sich gegen diese Austrocknung zu schützen, so dass letztlich bei Wassermangel die Kiemen verkleben und die Tiere ersticken. Sie meiden daher das direkte Sonnenlicht, suchen am Tage dunkle Schlupfwinkel auf und müssen oft und viel trinken. Die Atmungsorgane der Krabben sind gegenüber der von Krebsen abgeändert. Im Normalfall befinden sich die Kiemen der Krebse an den Beinen und der Rumpfwand der Thorakalregion und werden von dem Carapax seitlich überdeckt. Mit den Scaphognathiten der Maxillae wird nun ein ständiger Wasserstrom erzeugt, dem O2 und Salze entzogen und an den CO2 und teilweise auch Exkremente abgegeben werden. Bei sehr ursprünglichen Krebsen wie den Garnelen, sind die Kiemenhöhlen nach unten weit offen. So kann das Atemwasser auf der gesamten Breite einströmen.
Bei Krabben hingegen schließt sich der Carapax an die Rumpfwand an und es bleibt lediglich eine Einstromöffnung mit einem Haarkranz um die Öffnung erhalten. Diese Öffnung befindet sich an der Basis des großen Scherenfußes. Der Haarkranz verhindert das Eindringen von Fremdkörpern in der Kiemenhöhle. So ausgestattet sind die Krabben die am besten für das Landleben ausgestatteten Decapoda, denn ihre Kiemen sind am effektivsten gegen Austrocknung geschützt.
Wegen der entsprechenden Anpassungen kann man feststellen, dass mit einer Ausnahme bei allen amphibischen und terrestrischen Krabben die Kiemen als Atmungsorgan erhalten geblieben sind.
Wie nun überlebt die Strandkrabbe lange Phasen der Trockenheit?
Sie behält in den Kiemenhöhlen eine gewisse Wassermenge zurück, stellt sich auf die Hinterbeine und reckt sich in die Höhe. Nun treibt sie das Wasser mit den Scaphognathiten durch die Kiemenhöhlen nach oben aus dem Mund heraus. Dort läuft es den Bauch herab und in die Wassereinstromöffnung an den Basen der großen Scherenfüße hinein. Diese Art der Berieselungsatmung führt zu einem ständigen Wasserumlauf, bei dem das Wasser immer wieder mit Sauerstoff beladen wird. Durch Verdunstung nimmt allerdings die Wassermenge stetig ab und muss von Zeit zu Zeit aufgefüllt werden. Die Krabbe ist aber in der Lage, auch eine Zeit lang nur Luft durch die Kiemen zirkulieren zu lassen, muss aber letztlich doch früher oder später zum Wasser. Dieses System des Wasserumlaufs ist bei vielen Krebsen, Krabben und anderen Wasserbewohnern zu finden.
Reiterkrabben haben im oberen Teil der Kiemenhöhle eine Art Luftkammer entwickelt, und können so die Luftatmung stärker ausnutzen. Andere Landkrabben (Gecarcinidae) und einige Grapidae- Arten haben stark vergrößerte Kiemenhöhlen mit einer großen Oberfläche und einem speziellen Kapillarsystem entwickelt. So ist aus den Kiemen ein lungenähnliches Organ geworden. Die beste Anpassung an das Landleben und die Luftatmung hat der Palmendieb (Birgus latro), der eine extrem vergrößerte Kiemenhöhleninnenfläche mit traubigen Strukturen besitzt. Er ist allerdings nicht mehr in der Lage, längere Zeit im Wasser überleben zu können, schon nach etwa fünf Stunden ertrinkt er. Eine Besonderheit bilden Landeinsiedlerkrebse der Gattung Coenobita. Deren in einem Schneckengehäuse verborgener Hinterleib hat eine stark vergrößerte, runzelige Oberfläche mit einem stark verzweigten Blutlakunensystem. Hier findet ein direkter Gasaustausch statt. Die Kiemen dieser Gattung sind völlig zurückgebildet. Man kann diesen Tieren sogar den Carapax und die Scaphognathiten entfernen, so dass deren Atmung beeinträchtigt würde. Auch diese Gattung überlebt im Wasser nur für kurze Zeit.
Fazit:
Fast alle Decapoda atmen also über Kiemen oder über aus Kiemen hervorgegangenen lungenartigen Organen. Eine Ausnahme bilden Landeinsiedlerkrebse der Gattung Coenobita.